Wenn Kinder lügen

« Wie geht man als Eltern damit um? »

Hand aufs Herz. Jeder hat in seinem Leben schon gelogen und so manche Flunkelei wird als rettende Notlüge abgetan. Wenn die Kleinen jedoch die Unwahrheit sagen, dann sind viele Eltern geschockt, wenn sie die Wahrheit herausfinden. Doch wie soll man damit umgehen, wenn Kinder lügen?

Die kleine Unwahrheit im Alltag

Obwohl jeder Mensch selbst täglich mehrmals lügt und nicht immer aufrichtig ist, ist man gekränkt, sollte sich herausstellen, dass man selbst belogen wurde. Wenn Kinder lügen, dann testen sie aus, wie weit sie gehen können und welchen Bestand Regeln wirklich haben. Flunkern gehört also zu einer ganz normalen Kinderentwicklung dazu, ist dennoch sehr lästig. Vor allem wenn es regelmässig geschieht und Sie Ihren Nachwuchs immer öfter beim Sagen der Unwahrheit erwischen, sollten Sie mit guten Verhaltensregeln gewappnet sein.

Wenn Realität und Fantasie nicht zusammenpassen

Kleinere Kinder unter sieben Jahren sind noch nicht in der Lage, eine Lüge aktiv einzusetzen. Bei ihnen bildet sich die Wahrnehmung noch aus und so kommt es häufig dazu, dass der Nachwuchs die Wirklichkeit mit ihrer Fantasie vermengt und daher nicht die Wahrheit sagen. Beispielsweise empfindet Ihr Liebling das eigene Zimmer als aufgeräumt, weil es bestimmte Spielsachen gut verstaut hat. Dass noch weitere Dinge wild im Raum verteilt liegen, kann es daher noch nicht davon abgrenzen und begreifen, dass das Zimmer aus Sicht eines Erwachsenen ganz und gar nicht aufgeräumt ist.

Warum Lügen Kinder?
© STUDIO GRAND OUEST / Fotolia.com

Anders sieht es bei Mädchen und Jungs aus, die bereits das Grundschulalter erreicht haben. Sie überblicken Situationen viel besser und greifen gezielt nach einer Flunkerei, um sich das eigene Leben zu erleichtern. Und das wird von niemand geringerem abgeschaut als von den direkten Bezugspersonen und den eigenen Eltern. Kinder vertrauen darauf, dass alles, was die Eltern tun und lassen, seine Richtigkeit hat. Leider zählen auch die unangenehmen Dinge wie Unehrlichkeit dazu und können daher schnell zu unangenehmen Situationen führen.

Was tun, wenn Sie Kinder beim Lügen erwischen?

Zunächst einmal sollten Sie versuchen, gelassen mit der Situation umzugehen und keinen Druck auszuüben. Erklären Sie Ihrem Nachwuchs, welche Rolle Ehrlichkeit, Vertrauen und feste Regeln in Ihrer Familie spielen und wieso Sie untereinander darauf angewiesen sind, sich die Wahrheit zu sagen. Sehr gut kann dies auch anhand von Bildern, Büchern oder Geschichten verdeutlicht werden. Ein bekanntes Beispiel ist Pinocchio, dessen Nase immer länger wird, je mehr Unwahrheiten er erzählt. Wenn Kinder lügen hat es aber nicht immer eine harmlose Ursache. Manchmal machen sie dies, weil ihnen eine bestimmte Situation sehr peinlich ist und sie vielleicht bereits eine schlechte Erfahrung gemacht haben, wenn sie die Wahrheit gesagt haben. Dies könnte der Fall sein, wenn in der Schule eine schlechte Note erzielt wurde. Um sich also vor Ärger und Strafe zu schützen, wird eine Notlüge erfunden, in der es die schlechte Note gar nicht gegeben hat. Natürlich wird früher oder später die Unehrlichkeit entdeckt, eventuell sogar, weil das Kind Ihnen selbst doch noch von der schlechten Note erzählt. Dann sollten Sie ruhig bleiben, Ihre eigenen Emotionen hintenanstellen und mit Lob auf die Aufrichtigkeit reagieren und sagen, dass Sie froh sind, dass in Ihrer Familie offen über alles geredet werden kann.

Starkes Schimpfen und Bestrafung sind keine Lösungen
© Alfira / Fotolia.com

Ein bedeutendes Vorbild sein

Selbstverständlich wünschen sich nahezu alle Eltern, dass ihre Sprösslinge nicht flunkern und immer die Wahrheit sagen. Doch dies kann nur gelingen, wenn die Elternteile selbst sich nicht bei Unehrlichkeit ertappen lassen und ein sehr gutes Vorbild sind. Denn Kinder lügen häufig, weil sie ihre Bezugspersonen nachahmen. Fällt Ihnen diese Besonderheit in Ihrer Familie auf, sollten Sie sich und das eigene Verhalten hinterfragen und mit Ihrem Partner reflektieren, ob Sie was ändern können. Die Unwahrheit zu erzählen, bedeutet nicht direkt, dass die Erziehung falsch gelaufen ist oder Sie schlechte Eltern sind. Dennoch müssen kleine Mädchen und Jungen die Bedeutung von Vertrauen, Offenheit und Unehrlichkeit auf dem Weg ihrer Entwicklung aktiv erlernen. Und dies geschieht über eine offene Kommunikation ohne Zwänge und Druck und weiterhin über Lob, wenn eine Unehrlichkeit zugegeben und aufgeklärt wird.

Ein gutes Vorbild sein
© Viacheslav Iakobchuk / Fotolia.com

Im Dialog mit den Kleinen sollte aufgezeigt werden, welche Konsequenzen häufiges Lügen im Alltag hat und welche negativen Auswirkungen es auf den Umgang mit anderen Menschen haben kann. So wird einem bald niemand mehr Glauben schenken, egal, ob die Geschichte wahr oder falsch ist. Ausserdem kann es in der Folge dazu kommen, dass man keine Hilfe bekommt, wenn man sie wirklich dringend benötigt, da keiner mehr glauben wird, dass der Lügner tatsächlich in einer gefährlichen Situation gefangen ist. Kinder lügen seltener, wenn sie die Bedeutung von Vertrauen verstanden haben. Vielleicht fragen Sie Ihren Nachwuchs einmal, ob er selbst mit jemandem befreundet sein möchte, der ständig lügt und nicht die Wahrheit sagt. So regen Sie zum Nachdenken an und wecken zusätzlich die Empathie Ihres Lieblings.

Strafen sind kontraproduktiv

Generell sollte so selten wie möglich zu einer Bestrafung in der Erziehung gegriffen werden. Das Wegnehmen von Kuscheltier und Kinderspielzeug etwa stellt auch keine Lösung dar. Wenn Strafe doch einmal notwendig wird, dann sollte sie im konkreten Zusammenhang mit der Tat stehen. Greifen Sie zu harten Strafen, die Jüngsten schnell daraus lernen, dass sie beim nächsten Mal Flunkern nur besser werden müssen, damit sie nicht bestraft werden. Sie lernen nicht, dass sie eigentlich die Wahrheit sagen sollten, weil sie sich schämen. Niemals sollten Sie den Kleinen Schuldgefühle einreden oder ein schlechtes Gewissen machen, weil sie gelogen haben. Denn wenn Kinder lügen, steckt dahinter immer ein bestimmter Grund, den es durch Zuhören und Hinsehen zu erfahren gilt. So kann im Anschluss daran gearbeitet werden, wie man dies in Zukunft vermeiden kann und den Kleinen ein gutes Gefühl bei der Wahrheit geben kann.